Ersatzneubau Stüdli

Reto Pfenninger, dipl. Arch. HTL BSA, von op-arch (Oester Pfenninger Ulrich Weiz) wirft in diesem Artikel einen architektonischen Blick auf die Neugestaltung der Siedlung Stüdli zwischen Hohl- und Ernastrasse. Im Fokus stehen der historische 'Stüdliweg' und das markante Gebäude 'Casa d’Italia' an der Erismannstrasse. Erfahren Sie mehr über die innovative Integration des Stüdliwegs als lebendige Wohngasse und die kreativen Ansätze dieses wegweisenden Projekts.

gbmz genossenschaft - Reto Pfenninger

Reto Pfenninger

April 2024

gbmz genossenschaft - Ersatzneubau Stüdli

Ein paar Gedanken zum Ort


Der Ersatz der bestehenden Siedlung Stüdli zwischen Hohl- und Ernastrasse verlangt nicht nur einen architektonisch hochwertigen Neubau mit zeitgemässen Wohnungen, sondern auch einen städtebaulich intelligenten Umgang mit der hohen baulichen Dichte. Dabei spielen zwei gewichtige Aspekte der städtebaulichen Disposition die Hauptrolle: die Lage und Bedeutung des zukünftigen «Stüdliweg» im städtischen Gefüge und der Umgang mit dem «fremden» Baukörper im Blockrandgeviert, der freistehenden, aber umzäunten «Casa d’Italia» an der Erismannstrasse.


gbmz genossenschaft - Abb.1, Ausschnitt Siegfriedkarte Zürich, ca. 1930

Abb.1, Ausschnitt Siegfriedkarte Zürich, ca. 1930


In Anlehnung an eine Wohnbebauung von Hermann Hertzberger – die Haarlemmer Houttuinen in Amsterdam (Abb. 2) – wird der Weg integrierter Teil der neuen Siedlung, indem er deren begrünten Innenhof durchquert und als Wohngasse ausgebildet die einzelnen Häuser miteinander verbindet. Diese Wohngasse ist öffentlicher Raum und sowohl an die Erna- wie auch, mit zwei Durchgängen zur Hohlstrasse, an das städtische Strassennetz angebunden. Ihre Nutzung soll aktiv und intensiv sein, analog Hertzbergers Beschreibung für seine Amsterdamer Siedlung:


«Die Strasse mit ihrer Wohnzimmerqualität eignet sich gut für gemeinsame Feste. Die geringe Breite gibt nicht nur Geborgenheit, die gegenüberliegende Seite ist nicht zu weit weg, um Festdekorationen hinüber zu spannen.»


Der Mäander bindet den bestehenden Sichtbetonbau an der Hohlstrasse und den Bestand an der Zypressenstrasse zu einer Einheit und ermöglicht ein adäquates Gegenüber zur Casa d’Italia. Die entstehenden Freiräume haben alle ihre eigene Bestimmung: die bereits erwähnte, an die Hohl- und Ernastrasse mit Durchgängen angebundene Wohngasse, der begrünte Innenhof zwischen der Ernastrasse und der mittleren Wohnzeile, aber auch der adressierte Freiraum für den Kindergarten zwischen freistehender Casa d’Italia und dem Verbindungsbau zweier Zeilen.


gbmz genossenschaft - Abb.2, Haarlemmer Houttuinen, Amsterdam, Architekt H. Hertzberger aus: Hermann Hertzberger, 1959-86, Bauten und Projekte, ISBN 90-71890-01-5

Abb.2, Haarlemmer Houttuinen, Amsterdam, Architekt H. Hertzberger aus: Hermann Hertzberger, 1959-86, Bauten und Projekte, ISBN 90-71890-01-5


Wohnen auf der Stadtebene und ein siedlungsinternes Wegenetz im 1. Obergeschoss


Ein wichtiges Charakteristikum des Projekts ist die Programmierung des Erd- und des 1. Obergeschosses mit wohnungsorientierten, siedlungsspezifischen und publikumsorientierten Nutzungen, um auf beiden Ebenen Räume zu schaffen, die kleine, informelle Interaktionen für die entsprechenden Gruppen fördern. Sie werden durch geeignete Orte begünstigt, die zwischen Menschen liegen, die sie benutzen. Personen, welche z.B. in der Wohngasse «Stüdli» wohnen oder dort arbeiten. Im 1. Obergeschoss befinden sich die allgemeinen Räume mit kollektivem, genossenschaftlichem Charakter. Sie beleben die siedlungsinterne Kommunikation über die zumietbaren Ateliers, die Wasch- und Sozialräume und auch die Geschäftsräume der GBMZ. Mit zwei Brücken wird die Siedlungsebene in ein Wegenetz eingebunden, welches wiederum über Treppen auf die Stadtebene führt (Abb.3).


gbmz genossenschaft - Abb.3, Wegnetz 1. Obergeschoss, Diagramm op-arch

Abb.3, Wegnetz 1. Obergeschoss, Diagramm op-arch


Im Erdgeschoss wird gewohnt, in Wohnungen mit privaten Gärten gegen den durchgrünten Hof und mit direktem Zugang aus dem öffentlichen Raum entlang der Ernastrasse und der Stüdligasse. An der Hohlstrasse werden Wohnungen mit Gewerbe- bzw. Dienstleistungsflächen mit tendenziell eher informellen Wohnungstypen für Wohnen und Arbeiten kombiniert, auch hier wird zur Stüdligasse hin gewohnt. Der Entscheid, das Erdgeschoss hauptsächlich als Wohngeschoss auszubilden, hängt mit der Idee der Wohngasse «Stüdli» und dem bereits existierenden Wohnen entlang der Ernastrasse zusammen. Für das Wohnen auf Stadtebene spielt die Wohntypologie eine entscheidende Rolle. Die kollektiven Bereiche des Wohnens, wie Kochen und Essen, sind dem öffentlichen Raum zugewandt, die privaten Räume, wie die Wohn- und die Schlafzimmer, grenzen an den ruhigen Gartenhof, wo sie auch vom siedlungsinternen, für alle Bewohner:innen nutzbaren Bereich getrennt werden können.